Indonesien 12.06.14 - 01.08.14

Indonesien ist ... groß. Groß in allem. Nicht nur die Zahl der Inseln und der Bevölkerung ist groß. Die Tiere sind groß, die Pflanzen sind es (größte Blume der Welt - "Aorphophallus Titanum"), die Gefühle, der Ärger , die Freude, die Verwirrung, die Anstrengung, der zurückgelegte Wegstrecke und die gefahrenen Höhenmeter auf Sumatra.



Alles fängt an, als wir in Georgetown, Malaysia, ein Visum für 60 Tage beantragen wollen und man uns sagt, dass es mit dem Nachweis eines Ausreiseflugs aus Indonesien kein Problem wär und wir das Visum auch in Kuala Lumpur (KL) beantragen könnten. Also versuchen wir es in KL zu beantragen. Bloß so problemlos ist es dann doch nicht mehr. Nach einer großen Diskussion können wir unsere Dokumente abgeben und erhalten ein Socialvisa für 30 Tage. Wir bedanken uns für nichts und ärgern uns.



Später in Bukittinggi versuchen wir das Visum zu verlängern, was eigentlich kein Problem sein sollte. Zuerst sagt man uns, wir seien zu früh. Man könne das Visum frühestens eine Woche vor Ablauf verlängern und wir brauchen einen Sponsor, d.h. einen indonesischen Staatsbürger, der für uns bürgt. Gesagt, getan. Wir finden einen nicht allzu teuren Sponsor, der auch noch pünktlich auf die Minute war (sehr ungewöhnlich), und gehen ein paar Tage später wieder zur Immigrationsbehörde. Nachdem wir gefragt wurden, ob der Aufenthalt in der Stadt für uns billig wäre und wir nur ausweichend antworten, heißt es plötzlich, dass unsere Daten aus dem System verschwunden seien und es ca. 10 Tage dauert um Informationen aus Jakarta zu bekommen. Ganz zufällig läuft unser Visum in genau 10 Tagen aus. Wieder einmal bedanken wir uns für nichts und ärgern uns sehr über die Faulheit, das Unvermögen und die Dreistigkeit des Beamten uns direkt ins Gesicht zu lügen. Uns bleibt nichts anderes übrig als an einem Tag nach KL und zurück zu fliegen. Zum krönenden Abschluss hat man die Gebühr für Visa on arrival seit dem Vortag um 10 Dollar erhöht. Kein Wunder, dass Sumatra so wenig Touristen hat, wenn sie es einem so schwer machen.



Doch zurück zum Anfang: In Malaysia nehmen wir die Fähre nach Sumatra. Das geschieht alles ganz problemlos. Die See ist ruhig und wir schon aufgeregt. Wir kommen in einer schrecklichen Hafenstadt an, dreckig, laut, chaotisch. Fährt man aus dem Hafengebiet raus, wird es jedoch angenehmer. Es gibt immer noch viel Verkehr, aber es ist längst nicht mehr so verdreckt. Bald fahren wir auf einer Nebenstraße und finden wieder Freude am Radeln.



Unser erstes Ziel ist der See Toba. Dort verbringen wir ein paar entspannte Tage und machen, wie so oft wenn wir einen Ruhetag einlegen, nichts. Wir tanken Kraft bevor wir es mit der Insel auf uns nehmen. Von der Vulkaninsel Samosir fahren wir aufs Festland auf ein wunderschönes Hochplateau. Es ist angenehm frisch und die Vegetation lässt nicht vermuten, dass man sich mittlerweile im Tropengürtel in der Nähe des Äquators aufhält. Man könnte auch meinen, man sei in einem europäischen Mischwald. Sobald wir das Plateau verlassen, sehen wir jedoch wieder Palmen und exotischen Gewächse. In dieser Provinz, Sumatera Utara, lebt die christliche Minderheit des Batakvolkes. Der deutsche Missionar Nommensen vollbrachte zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts hier sein Werk.



In dieser Gegend können wir problemlos in Kirchen übernachten. Wir wurden immer freundlich empfangen, besonders als sie hörten, dass wir Deutsche seien. Bei der Frage ob wir Christen wären, müssen wir unsere Gastgeber jedoch vor die Köpfe stoßen. Wir sind Atheisten und in der Hinsicht gibt es für uns keine Notlüge. Das hält eine Familie jedoch nicht davon ab, uns um eine Spende, wahlweise für die Kirche oder die Ausbildung der Tochter, zu bitten. Geld gaben wir keines, mit der Tochter könnhabenen wir uns trotzdem gut unterhalten. Wir fragen über Sumatra, sie über Deutschland.



Weiter geht's nach Bukittinggi, einem netten Städtchen, gelegen an zwei Vulkanen. Hier kommen wir im Hotel Rajawali bei Kapitän Ulrich und seinen vielen Geschichten unter. Ulrich kennt in Westsumatra jede noch so kleine Sraße. Von hier aus machen wir einen kleinen Abstecher zum See Maninjao. Wie schon Toba ist auch Maninjao ein großer Vulkansee. In Maninjao hat Micha eine Begegnung der etwas anderen Art. Wir möchten frühstücken, als Micha ein kribbeln und krabbeln in seiner Hose merkt. Keine Sekunde später steht er in Unterhose da und schüttelt seine Hose aus. Was herausfällt ist ein riesiger 20 cm langer Tausendfüßler.



Bevor wir an die Küste fahren, radeln wir noch hoch motiviert durch die Bergwelt zum höchsten Berg der Insel, dem noch aktiven Vulkan Kerinci. Der von Wolken umhangene Berg ist umgeben von sattgrünen Teeplantagen und leider auch ganzjährig von viel Regenwolken. Aber ob die Kleidung klamm ist vom teilweise in Strömen fließendem Schweiß oder vom Regen ist dann auch egal. Wie immer sind Natur und Ausblick eine Entschädigung für alle Anstrengungen. 
Am Meer erhoffen wir uns eine weniger fordernde Route. Aber denkste. Die Hügellandschaft der Küste hat es in sich. An einem Tag fahren wir 1000 Höhenmeter bergauf und 1000 bergab und kommen dabei nicht einmal über 100 Meter ü. NN. Die Natur beeindruckt uns nun weniger. Fast jedes Stückchen fruchtbares Land wurde zu Palmölplantagen umgestaltet, wie jede ebene Fläche auf Sumatra und damit ein Großteil der Insel. Der raue Ozean mit seinen riesigen überwältigenden Wellen lässt und einige Male anhalten und staunen. Sehr oft finden wir Tsunamirettungsschilder, die den Weg zu höher gelegenen Fluchtorten weisen.



Während unseres gesamten Sumatraaufenthalts übernachten wir überwiegend in Kirchen oder einer "Rumah Makan", einer einfachen Gaststätte direkt an der Hauptstraße. Meistens haben diese eine Liegefläche für Reisende oder LKW-Fahrer, die oft tagelang unterwegs sind. So ist es auch für uns kein Problem und wir können sicher sein ein leckeres Abendessen zu bekommen. Als wir einmal keine "Rumah Makan" finden, fragen wir einfach in einem kleinen Lokal, ob wir dort übernachten dürfen. Prompt werden wir von der Familie zum Abendessen und Frühstück eingeladen. Wobei es morgens ein weich gekochtes Ei mit Salz und Pfeffer gibt. Der Familienvater erzählt uns, dass es gut für den Mann sei, besonders bevor Mann und Frau ..., also ihr wisst schon. Dann kann der Mann länger. Das ist wohl eine Anspielung darauf, das wir keine Kinder haben. Wir gucken nur irritiert und sehen es einfach als gutes Radlerfrühstück.



Wie schon letztes Jahr, sind wir auch dieser Jahr zur Zeit des Ramadan in einem muslimischen Land. In Indonesien ist es jedoch kein Problem. Es gibt genügend Gaststätten, die für LKW-Fahrer und Reisende öffnen. Auch haben die Indonesier Verständnis für nicht muslimische Touristen, die essen und trinken. Zu Beginn der Fastenzeit versuchen wir in einer ruhigen Ecke einen Snack zu uns zu nehmen und zu trinken. Das ist aber fast gar nicht möglich, es sei denn man fährt gerade durch einen Nationalpark. Also essen und trinken wir wann unser Körper es verlangt und versuchen zumindest etwas abseits zu bleiben.

 

Indonesien ist ein gutes Land um seine Grenzen zu erfahren und vielleicht zu überwinden. Das Radfahren ist körperlich sehr anstrengend. Der Kampf mit den Behörden sehr nervenaufreibend. Die allnächtliche Rufe des Muezzin bringen einen um den Schlaf, besonders wenn nach dem letzten Ramadantag die ganze Nacht hindurch Allah gepriesen wird. Die vielen Menschen grüßen uns rund um die Uhr mit "Hello Misterrrrr", fragen uns woher wir kommen, wohin wir fahren, können einfach nicht verstehen, dass wir ihre Sprache nicht sprechen und reden munter auf Bahasa Indonesia auf uns ein. Besonders penetrant grüßen, fragen und lachen sie, direkt neben uns fahrend, wenn wir schweißgebadet einen der zahlreichen steilen Anstiege hoch strampeln.

 

Vielleicht fahren wir irgendwann einmal wieder nach Indonesien. Dann um andere Inseln zu erforschen. Und höchstwahrscheinlich ohne Fahrrad.