Südindien 30.11.2013 - 16.01.2014
Wir fliegen nach Goa! Nach unserem kurzen Nepalabstecher nehmen wir in Lucknow (Nordindien) den Flieger nach Goa. Dort angekommen, fühlen wir uns in ein anderes Land versetzt. Schnell merken wir den portugiesischen Einfluss, nicht nur durch die Architektur sondern auch durch die zahlreichen, meist schneeweißen, Kirchen. Es ist sauber, ordentlich und schön. Sogar der Verkehr ist angenehmer. Es wird nicht mehr ständig und ohne Grund wie wild gehupt. Wir fahren die Küste entlang in Richtung Norden, nach Arambol, und schauen uns den Touristentrubel an. Dabei nehmen wir die kleinsten Straßen und entdecken ein wunderbar entspanntes und gemütliches Goa. In Arambol machen wir unseren ersten Strandurlaub und genießen das Meer mit seinen Wellen. Hier bekommen wir Besuch aus Magdeburg von unserem Freund Marcel.
Nach zwei Wochen am Meer kurven wir kreuz und quer durch das Landesinnere des kleinsten Bundesstaates. Nach dem Abstecher geht es weiter südlich wieder ans Meer bei Gokarna. Nach der steilen Hügellandschaft Goas (immer wieder bis zu 15% Steigung) lassen wir am Om-Beach die Füße und die Seele baumeln. Hier verbringen wir Weihnachten mit gutem Essen und traumhaften Sonnenuntergängen.
So schön es am Meer auch ist, haben wir irgendwann genug vom Faulenzen. Glücklich wieder auf dem Fahrrad zu sitzen, treten wir abermals in die Pedale. Auf Highways, die zum Teil landwirtschaftlichen Wegen gleichen, geht es nun ins Landesinnere. In den folgenden Tagen durchfahren wir verschiedenste Dörfer und Städte. Wir sehen zu wie die Ernte eingeholt und mit Ochsenkarren abtransportiert wird und sich die Spreu vom Korn trennt. Um sich die Arbeit zu erleichtern, haben sich die Inder etwas einfallen lassen. Sie breiten die Ernte auf der Straße aus, damit LKW und Autos drüberfahren und sich so das Korn trennt. Die Feinarbeit erledigt später der Wind. Für uns bedeutet das etliche Getreidehalme in den Speichen und Kornhülsen in den Augen.
Trotzdem genießen wir die Landpartie sehr, auch wenn wir mittags für ein Thali (Reis mit verschiedenen Gemüsebeilagen, wird oft auf Bananenblättern serviert und mit der rechten Hand gegessen) im kleinsten Dorf halt machen und feststellen, dass wir pünktlich zum Schulschluss angekommen sind. Also werden wir sofort von zahlreichen Schulkindern umringt und können unsere Räder nur noch schieben. Als wir es bis zur Dhaba (einfaches Restaurant) geschafft haben, verscheuchen die Männer die Kinder, damit sie selbst alles an unseren Rädern anfassen und ausprobieren können. Solche Situationen hatten wir auf unserer Indienreise zum Glück nur einige wenige Male.
Das nächste Ziel, das wir ansteuern, ist Hampi. Die Region und die Topografie sind einzigartig. Nicht umsonst hat man der Landschaft, die aus unwirklichen Felsformationen besteht, etwas göttliches zugeschrieben. Hier wimmelt es nur so von Tempeln, wie zum Beispiel einem weiteren Affentempel, der Geburtsstätte von Hanuman. In Hampi fühlen wir uns sehr wohl, können jedoch nur ein paar Tage bleiben, da unsere Visa sich bald ihrem Ende nähern. So verlassen wir einen unserer Lieblingsorte in Indien und setzen unseren Weg zur Ostküste fort.
In den letzten Tagen fahren wir zu einer der meistbesuchten Pilgerstätten der Welt: Tirumala bei Tirupati. Schon weit vorher sehen wir auf den Straßen zahlreiche Pilger, die oft in gelben Gewändern unterwegs sind. Um den Tempelkomplex zu erreichen, nehmen wir den neun Kilometer langen Fußweg mit über 5.000 Treppenstufen. Oben angekommen, sehen wir uns das bunte Treiben, jedoch nicht den Tempel an. Die angekündigten vier Stunden Wartezeit sind uns dann doch zu lang. Nichtsdestotrotz haben wir am darauf folgenden Tag einen ordentlichen Muskelkater in den Beinen.
Bevor wir Indien verlassen, machen wir Halt bei Katrina, Ahilesh und ihrem wundervollen Sohn. Sie sind unsere einzigen Warmshowers-Gastgeber in diesem Land. Während des zweitägigen Aufenthalts genießen wir den Kontrast eines modernen Haushalts und das nichtindische, sehr köstliche Essen. Wir kommen uns vor wie in einem anderen Land.
Neugierig sind wir in Indien eingereist und verwirrt haben wir es verlassen. Rückblickend reichen drei Monate kaum aus, um das Land kennen zu lernen, geschweige denn es zu verstehen. Seine tausend Gesichter fordern alle Sinne. Die oft unverständlichen Lebens- und Handlungsweisen der Menschen sind für uns einige Male schwer nachvollziehbar gewesen. Zu Indien haben wir eine Art Hassliebe entwickelt. Wundervolle Begegnungen wechselten sich stets mit anstrengenden Eindrücken ab. Indien ist ein Märchenland, in dem sehr großes Elend auf eine faszinierende Kultur trifft und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.